Kaleb hat geschrieben:
Prophetie kann sehr wohl Rückschlüsse auf sektiererisches Verhalten und sektiererische Lehren geben, wenn man die Menschen einer solchen Organisation und deren Alltagsleben aus der Nähe betrachtet.
Doch der grosse Teil der Prophetien wurde in den Hausgenossen-Versammlungen ausgegeben und dort galt strikte:
Nichts, was im "Heiligtum" gesagt wird, darf nach aussen gehen. Damit traf man mit einem Schlag gleich zwei Fliegen:
1. Egal, wie die Prophetie lautete - man durfte nicht darüber reden, sie prüfen.
2. Wenn man den Inhalt einer Prophetie nicht nachvollziehen konnte, sass man mit diesem Problem allein. Dadurch wurde die Angst geschürt, persönlich fehlerhaft schlecht oder sündig oder dumm zu sein.
in dem moment, in dem man sich leuten anschließt, die meinen über besondere "geistesgaben", über einen exquisiten draht zu gott zu verfügen, begibt man sich in eine menschliche abhängigkeit, deren vertrauenswürdigkeit unglaublich schwer zu überprüfen ist. warum wollen menschen als mittler zwischen gott und mitmenschen agieren?
Kaleb hat geschrieben:
Dann sollte man sich aus dem Staube machen können, was aber recht schwierig ist, wenn man noch überzeugt ist, man befinde sich in der richtigen Berufung (d.h. im vollkommenen Willen des Herrn) wenn man im Glaubenshaus Gott dient. (Die Frage ist nur: Welchem Gott?)
das problem liegt schon im wunsch in einer "richtigen" berufung stehen zu wollen. was ist der vollkommene wille des herrn? ganz bestimmt nicht, dass wir menschen leiden, dass wir uns minderwertig oder ungenügend fühlen. aber wie findet man den vollkommenen willen des herrn?
gewiss nicht mit leitern, deren selbstbild verzerrt ist, die zwischen minderwertigkeits- und allmachtsgefühlen hin und her pendeln. auf die gnade und befindlichkeiten von leitungspersonen angewiesenen zu sein, macht unsicher und abhängig.
Kaleb hat geschrieben:
Solche Angst einflössenden, destruktiven Argumentationen tönen heute in meinen Ohren soooooo naiv, so eng, so schwarz-weiss. Wenn man dann wenigstens glauben könnte, dass Gott grösser ist als alles und alles weiss über mein Herz, aber auch über die Propheten, welche ja gemäss der Schrift nur stückweise, das heisst unvollkommen weissagen und über jedes ihrer Worte Rechenschaft ablegen müssen, wenn Gott nicht der Urheber und Inspirator ihrer Prophetien war.
hier sprichst du ein weiteres schwerwiegendes problem an, welches auch in dem von nordeekrabbe verlinkten bericht angesprochen wurde. ich zitiere daraus:
Weil es ja so schwer ist, Gottes Willen zu erkennen, vertraut man sich gerne jemandem an, der diesen Willen offenbar erkennen und vermitteln kann.
weil gott nicht auf menschliche weise offensichtlich erfassbar ist, suchen manche leute vermittler von denen sie glauben, dass sie gott viel näher stehen und von ihm direkter geführt werden. sie trauen sich keinen eigenständigen weg zu. diese unselbständigkeit kann ausgenutzt werden. mit prophetie machten sich manche sr-leiter fast gott gleich. mit ihrer angeblich besonderen nähe zu gott hatten sie viel macht. genug, um zu manipulieren.
allerdings finde ich nicht nur negativ ausgerichte manipulation schwierig, auch vermeintlich positive voraussagen können problematisch sein.
Kaleb hat geschrieben:
Du siehst, wir wagen es nicht als Menschen, Propheten zu richten, aber wenn sie verkehrt laufen, sich nicht im biblischen Rahmen bewegen, brauchen wir ihnen nicht zuzuhören, sondern nehmen uns in Acht vor ihnen und wollen andere, die durch giftige Speisen geschädigt werden, warnen, sich dem Einfluss falscher Propheten entschlossen zu entziehen.
auch die unterscheidung zwischen richtigen und falschen propheten finde ich nicht unproblematisch. mit welchen kriterien ist der unterschied auszumachen? es ist davon auszugehen, dass alle propheten von sich behauopten, dass sie richtige sind.
Kaleb hat geschrieben:
Und ihr, die ihr in Angst und Verunsicherung lebt, rennt zu Gott, und legt Ihm die Sache vor und sagt: Gott Vater, Jesus und Heiliger Geist, ich verstehe das nicht. Zeige mir die Wahrheit, führe mich auf rechtem Weg und löse mein Problem, auf die Weise, wie Du es lösen willst. Aber ich will nicht mehr in Unsicherheit und Angst dahin vegetieren und tagtäglich um mein Leben rennen müssen.
was meinst du mit "der wahrheit"?
gott um unterstützung zu bitten. im kontakt mit ihm meditative ruhe zu finden, das alles kann ich gut nachvollziehen, ihn zu bitten probleme zu lösen, auf die weise wie er es für richtig hält, geht mir ein bisschen zu weit. wir sind dazu da, für unsere probleme lösungen zu finden. mit allem drum und dran, mit tausend fehlern, mit allen menschlichen irrungen und wirrungen durch die wir wachsen, reifen und sicherer werden. wenn man beginnt sein leben selbstverantwortlich in die hände zu nehmen, dann muss man nicht mehr um sein leben rennen.
Kaleb hat geschrieben:
Wer sucht, der findet und wird nicht vor verschlossenen Türen stehen gelassen werden.
dies sagen halt auch propheten von denen man noch nicht weiß, weshalb sie sich prophet nennen. warum eigentlich nicht schlicht und einfach glaube ohne prophetie für andere? den ureigenen kontakt zu gott soll jeder gestalten wie er es möchte, aber von auserwählten menschen mit derlei gaben bin ich abgekommen. menschen können auf unterschiedliche weise macht ausüben, über erhabenheit in besonderen rollen ebenso wie über hilfe und aufopferungsgehabe. ich rate prophetie kritisch zu begegnen. man kann menschen auch über positive prophetien abhängig machen und halten. wer das möchte, ok, ich möchte auf keinen fall mehr allmachtsvorstellungen unterstützen, egal wie sie gelagert sind. an mir soll sich keiner mehr abarbeiten oder profilieren.ich will zu keiner auserwählten gruppe mehr gehören, sondern eine ganz persönliche gottesbeziehung pflegen.